Mit gut über 3000 Teilnehmer:innen konnte die revolutionäre 1. Mai Demo an den Erfolg der vergangenen Jahre anknüpfen.
An vielen Stellen war der erste Mai im Straßenbild präsent – nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Mainz und Darmstadt, wo eigene Anreisen organisiert wurden. Ob Plakate, Aufkleber, Aufrufe, Graffiti oder Mobilisierungsbanner – wir danken allen, die auf unterschiedliche Weise aktiv wurden!
Mit offenen Treffen im Vorfeld, Materialausgaben und unterschiedlichen Partizipationsmöglichkeiten wurde der Versuch unternommen, möglichst viele Menschen in die Vorbereitungen einzubinden – das hat stellenweise wieder gut funktioniert und davon lebt die Demonstration seit dem ersten Versuch. In Gesprächen im Vorfeld wurde immer wieder deutlich, dass der Termin bekannt ist und sich zur festen Größe entwickelt hat – das freut uns und scheint die Hypothese zu bestätigen, dass das Bedürfnis schon länger da war, am 1. Mai kämpferischer auf die Straße zu gehen.
Auf der Startkundgebung gab es viele Redebeiträge von verschiedensten linken Gruppen und Initiativen. Den Beitrag zu mentaler Gesundheit im Kapitalismus der Revolutionären Einheit Darmstadt lässt sich hier nachlesen. Darüber hinaus berichtete eine Genossin der Gruppe Ya Basta über die zahlreichen Angriffe auf indigene Kommunen im Zuges des Megaprojekts Tren Maya in Mexiko. Iranische Genoss:innen erzählten über die grade laufenden Streiks im Iran, die Repression gegen den Aufstand sowie die Perspektiven für die Linke. Revolutionäre Gruppen betonten die Wichtigkeit des organisierten Aufbaus einer kämpferischen Linken und stellten Arbeiter:innenkämpfe, Frauen- und LGBTIQ-Kämpfe sowie die Notwendigkeit von konsequentem Antifaschismus und Internationalismus in den Vordergrund.
Angeführt wurde der große Demonstrationszug vom revolutionären Block unter dem Demonstrationsmotto „Zeit sich zu wehren“ – getragen von kämpferischen Liedern und Parolen. Danach folgte der Strike Back Block, welcher inhaltlich sich vor allem mit der Frage des politischen Streiks auseinandergesetzte. An dritter Stelle lief der anarchistische Block. Alle Aufrufe finden sich auf der Mobilisierungsseite des 1. Mai-Bündnisses.
Wir sind als Struktur glücklich darüber, dass einige der politischen Gräben zwischen Strukturen überwunden werden konnten und der revolutionäre 1. Mai für viele ein gemeinsamer Bezugspunkt kämpferischer, revolutionärer Politik geworden ist.
Die Demonstration lief vom Willy-Brandt-Platz über den Schweizer Platz durch Sachsenhausen, um im Ostend kämpferisch an der Europäischen Zentralbank vorbei beim Frankfurter Zoo zu enden. Die Polizei hielt sich wie im letzten Jahr bereits zurück und ließ die Situation nicht sinnlos eskalieren wie im Jahr 2021 – aber auch in diesem Jahr gab es Verhaftungen bei der Abreise. Wir senden allen Betroffenen unsere Solidarität und bitten sie, sich zeitnah bei der Roten Hilfe zu melden.
Wir freuen uns weiterhin über kritische Anmerkungen zur Demonstration – sei es inhaltlicher Natur oder im Ausdruck. Nur die gemeinsame Diskussion dazu bringt uns schlussendlich ein Stück weiter. Auch wenn wir denken, dass die inhaltliche Vermittlung unserer Positionen vor allem im Vorfeld stattfindet, gab es doch auch berechtigte Kritik am Ausdruck. Dass ein Großteil der Parolen sich gegen die Polizei richtete, rührte sicherlich aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre, lässt aber die Demonstration stellenweise inhaltlich an Kontur verlieren. Wie die Vermittlung klassenkämpferischer und revolutionärer Inhalte auf der Demonstration selbst besser und öffentlichkeitswirksamer funktionieren kann, wollen wir gerne in der Vorbereitung zur nächstjährigen Demo diskutieren. Das Einbinden aktueller Kämpfe und Streiks ist dabei ein Ziel, was wir weiterhin verfolgen wollen.
Insgesamt zeigt sich jedoch, dass es die richtige Entscheidung war und ist eine kämpferische Demonstration als alternative zur DGB-Demo anzubieten. Die Kritik an dieser, die wir in den letzten Jahren formuliert haben, ist nach wie vor dieselbe: sie inhaltlich dominiert von den immer gleichen entleerten Parolen, die man nicht mal guten Gewissens als reformistisch bezeichnen kann. Wir freuen uns aber, dass es auch in diesem Jahr wieder verstärkt Interventionen gab und werden diskutieren, wie wir diese in den kommenden Jahren stärker unterstützen können.
Wir ziehen eine positive Bilanz aus Mobilisierung und Demo und werden auch im kommenden Jahr an diese neue Tradition anknüpfen – hoffentlich wieder mit vielen verschiedenen Akteuren.
Es lebe der 1. Mai!