„Wir haben uns gestellt –“. So beginnt die Erklärung der sieben Antifaschist:innen, die sich heute Vormittag in die Konfrontation mit den Repressionsbehörden begeben haben. Doch unsere Genoss:innen tun das nicht, weil sie aufgegeben haben, sondern weil sie sich entschieden haben. Entschieden gegen die Isolation des Untergrunds, entschieden dafür, inmitten eines feindlichen Systems sichtbar zu bleiben.
Das ist kein einfacher Schritt. Es ist ein Schritt, der den Verfolgungsapparat herausfordert – denselben Apparat, der Majas Abschiebung nach Ungarn zu verantworten hat. Eine Abschiebung in ein Land, das sich offen gegen Menschenrechte stellt und dessen Regierung ein Bollwerk des reaktionären Autoritarismus ist. Ungarn kennen wir normalerweise vor allem für sein Grenzregime rassistischer Repression. Doch wo Staatsgrenzen mit Gewehren verteidigt werden, um Menschen auf der Flucht abzuwehren, verschwimmen diese umso schneller, wenn es darum geht, Antifaschist:innen über Ländergrenzen hinweg zu verfolgen.
Die Vorwürfe gegen unsere Genoss:innen – Mordversuch, versuchter Totschlag – sind dabei nicht nur absurd, sie sind Teil einer Inszenierung. Sie sollen uns einschüchtern, uns lähmen. Doch genau das ist die Logik der Klassenjustiz: Eine „Justiz“, die sich nie gegen die Ursachen von Gewalt und Unterdrückung richtet, sondern immer gegen diejenigen, die sich zusammentun, um sich gegen sie aufzulehnen.
Auch unsere Genoss*innen wissen das. Sie wissen, dass der Knast keinem Ende ihrer Arbeit gleichkommt, sondern lediglich ein weiteres Schlachtfeld in unserem gemeinsamen Kampf darstellt. Dabei war politische Arbeit in Knästen noch nie eine Selbstverständlichkeit, sondern stets ein bitter erkämpfter Raum, ein Widerstand gegen die Stille, die uns aufgezwungen werden soll.
Diesen Raum müssen wir auch heute wieder erkämpfen, da der Repressionsapparat unerbittlich weiter rattert. Denn hinter den Mauern setzt sich der Versuch der Entmutigung unserer Leute fort: Sie verweigern uns Bücher, weil sie unser Wissen fürchten. Sie verzögern Briefe unserer Mitstreiter:innen, weil sie unsere Kommunikation zerschlagen wollen. Sie isolieren uns, weil sie die Kraft unserer Solidarität kennen. Der Knast ist nicht nur ein physischer Ort der Kontrolle, er ist eine Waffe, die uns zermürben soll, uns brechen soll, uns glauben machen soll, dass wir allein sind.
Doch ihre Versuche sind zum Scheitern verurteilt: Unsere Solidarität wächst dort, wo sie bekämpft wird, und sie gedeiht durch die Arbeit, die wir inner- und außerhalb der Mauern leisten. Denn so wichtig wie die Kämpfe hinter Gittern sind, so unverzichtbar ist es, dass wir draußen aktiv sind – und zwar nicht nur für die, die inhaftiert sind.
Wir müssen laut sein für die, die heute schon mit uns hier stehen. Und standhaft und mutig für diejenigen, die erst noch dazu kommen werden. Denn es geht hier nicht nur um uns, nicht nur um die Sieben, nicht nur um den heutigen Tag. Wir sind Teil von etwas Größerem, einer Bewegung. Einer antifaschistischen Tradition, mit abertausenden von alten und jungen Weggefährt:innen, mit denen wir hier und international seit Jahrzehnten unsere Kämpfe gemeinsam auf die Straße tragen – stets mit denjenigen im Herzen, die nicht mit uns vor Ort sein können.
Das ist die Kraft, die uns weitermachen lässt. Sie gibt denjenigen, die schon kämpfen, die Zuversicht, dass es sich lohnt, und sie gibt all denen, die zögern, den Mut, sich anzuschließen. Denn der antifaschistische Kampf ist nicht nur Widerstand, er ist ein Versprechen. Ein Versprechen auf eine Welt, die frei ist von Unterdrückung, Ausbeutung und Angst.
Und dieses Versprechen ist es auch, was uns heute hier zusammenführt. Es ist das, was Maja, Hanna, Gabri und Gino, was die sieben Antifaschist:innen, was alle inhaftierten und untergetauchten Genoss:innen eint: ein gemeinsames Ziel, ein gemeinsamer Weg, eine gemeinsame Verantwortung.
Die sieben Antifaschist:innen, die sich heute Vormittag den Repressionsbehörden gestellt haben, tun das also nicht, weil sie aufgegeben haben, sondern weil sie sich entschieden haben. Entschieden gegen die Isolation des Untergrunds, entschieden dafür, inmitten eines feindlichen Systems sichtbar zu bleiben.
Und entschieden für eine Verantwortungsübernahme, die von innen und außen getragen werden muss.
Freiheit ist kein Zugeständnis, das wir erwarten können. Es ist etwas, das wir uns nehmen müssen.
Deshalb bleibt unser Versprechen gestern, heute wie auch morgen:
Wir lassen euch nicht allein.
Wir lassen uns nicht brechen.
Und wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen.
Viel Glück und Erfolg den Untergetauchten.
Freiheit für die Sieben.
Freiheit für Maja, Hanna, Gabriele und Gino.
Freiheit für alle politischen Gefangenen.