Leihmutterschaft – die Babyindustrie zwischen Bomben und Bonzen

Im Zuge der Industrialisierung und des Wandels vom Feudalismus zum Kapitalismus gewann die Sexualität der Individuen immer mehr an Bedeutung und fungierte als biopolitisches Machtinstrument zur Disziplinierung der Gesellschaft. Mit diesem Kontrollwerkzeug bestand auch die Möglichkeit, Geburtenraten zu steuern und dadurch die Gesellschaft in eine „Produktionsmaschine“ umzuwandeln. Mit voranschreitendem technologischen Fortschritt wurde ermöglicht, Reproduktion klinisch zu optimieren. Es entstand die Möglichkeit für Frauen, die aus medizinischen Gründen nicht gebären konnten, das historisch gewachsene Stigma der kinderlosen Frau abzuschütteln und ein Kind zu gebären. Gegenwärtig stellen Reproduktionstechnologien aber nicht nur einen Aspekt der Biopolitik in die Gesellschaft dar, sondern sind fester Bestandteil der kapitalistischen Marktwirtschaft. Es geht nicht mehr nur um das gesellschaftlich verankerte Narrativ, das der Frau die Mutterrolle zuweist, um Geburtenkontrolle auszuüben, sondern vor allem um die direkte Anhäufung von Kapital.


Die Ukraine gilt als das Zentrum für Leihmutterschaft. Personen, die sich den Kinderwunsch über die Leihmutterschaft erfüllen wollen, stammen jedoch häufig aus Industriestaaten wie Deutschland, in denen die kommerzielle Leihmutterschaft verboten ist. Im Jahr 2017 nahmen nach Angaben des ukrainischen Anbieters für Leihmutterschaft BioTexCom 750 deutsche Paare diese Dienstleistung in Anspruch. Das Kernproblem liegt auch hier in der Ausbeutung der Leihmutter: insbesondere in Ländern des Globalen Südens nutzen Agenturen, Kliniken und auch die Wunscheltern die Armut der Frauen aus, da diese durch ihre ökonomische Lage gezwungen sind sich kostengünstig als Leihmutter anzubieten. Die Ukraine gilt dabei sogar als „ethischer Mittelweg“, um Leihmutterschaft in Anspruch zu nehmen. Sie kostet in der ukrainischen Klinik 40.000 bis 60.000 Euro, während Kliniken in den USA mehr als das Doppelte verlangen. Doch dieses Geld kommt natürlich nicht den Frauen, sondern in der Regel den Fruchtbarkeitskliniken zugute. Die im internationalen Vergleich miserable Bezahlung versuchen die zuständigen Agenturen oder ggf. auch die Wunscheltern mithilfe der globalen Einkommensunterschiede zu rechtfertigen, indem sie die Entlohnung in Relation zu den Einkommensverhältnissen des Landes setzen.. Dadurch erscheint die Leihmutterschaft ein gutes Geschäft für alle Beteiligten darzustellen, ignoriert nur leider die Problematik der globalen Ungerechtigkeit und Ausbeutung. Kommerzielle Leihmutterschaft ist insbesondere in Ländern des Globalen Südens wesentlich kostengünstiger, was einen Reproduktionstourismus zur Folge hat, der eine Form neokolonialer Ausbeutung darstellt.  Diese Situation wird ganz bewusst von den Agenturen genutzt, indem sie Werbung für die Leihmutterschaft in der Ukraine mit Begriffen wie „europäisch“ und „entwickelt“ anpreisen. Diese Industrie basiert auf rein frauenfeindlichem, rassistischem und ausbeuterischem Gedankengut! 


Die sog. „altruistische Leihmutterschaft“ wird oft als ethisch einwandfreier Weg zum Kinderwunsch dargestellt. So propagiert derzeit die FDP gegen das Embryonenschutzgesetz, das die Leihmutterschaft in Deutschland verbietet. Diese Form der Leihmutterschaft ist zum Beispiel in Großbritannien und Griechenland erlaubt. Das Gesetz sieht eine Aufwandsentschädigung vor, die in Großbritannien bis zu 18.000 Euro betragen kann. Diese öffnet der kommerziellen Leihmutterschaft Tür und Tor und ist schwer zu rechtfertigen: Wenn der eigenen Schwester eine Niere gespendet wird, um sie aus selbstlosen Gründen vor schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen oder dem Tod zu schützen, wird schließlich auch keine Aufwandsentschädigung gezahlt. Im Hintergrund agiert dabei stetig ein aggressiver, patriarchaler Neoliberalismus, der sich weder für die Gesundheit noch die Würde der Leihmutter interessiert. Auf die Leihmutterschaft folgen häufig gesundheitliche Schäden; es drohen bleibende und langfristige Erkrankungen der Eierstöcke, Zysten in der Gebärmutter, der Verlust der Fruchtbarkeit, Krebs in den Reproduktionsorganen, Blutgerinnsel, Nierenversagen, Schlaganfälle und in einigen Fällen der Tod. Die Reproduktionsmedizin bedient sich dabei ethisch höchst fragwürdiger Techniken wie der bewussten Herbeiführung eine Mehrlingsschwangerschaft, um dann die Zahl der Kinder durch partielle Abtreibung wieder zu reduzieren. Das Profitmachen der Reproduktionsindustrie auf Kosten der Gesundheit von Frauen muss ein Ende haben! 


Schon während den ersten Wellen der Pandemie geriet die Situation in der Ukraine in die Schlagzeilen. Dutzende Babys wurden nicht abgeholt oder konnten von ihren Wunscheltern nicht mitgenommen werden. Während des derzeitigen Krieges in der Ukraine liegen nun etliche Babys alleine in Bunkern, Leihmütter müssen in eben diesen entbinden und werden danach fortgeschickt. Kliniken sagen öffentlich, dass Leihmütter nicht vor dem Krieg fliehen sollen, bieten ihnen aber trotzdem keinen Schutz an. Gleichzeitig werden aber die Wunscheltern in Sicherheit gebracht. Damit in den Chefetagen der Baby-Industrie die Sektkorken weiterhin knallen können, wird die Profitmaschine sogar im Kriegsgebiet am laufen gehalten.. Überall schlagen Bomben ein, zerstören Häuser, Familien und Existenzen und genau das machen sich die gierigen Konzerne zu nutze. Frauen, die Geld brauchen, werden als Leihmütter ausgebeutet.


Wir sagen: Schluss mit der Ausbeutung des weiblichen Körpers! Den Kapitalismus überwinden, die Frau befreien!