Jîna Amînî lebt weiter!

Am 16. September 2022 wurde die Kurdin Jîna Amînî von den iranischen Sittenpolizei ermordet. Angeblich trug die 22-Jährige ihren Hijab nicht regelkonform und wurde daraufhin von der „Sittenpolizei“ verhaftet und brutal zusammengeschlagen. Durch die gewaltsame Folter der Polizei erlag sie schließlich ihren Verletzungen, nachdem sie ins Koma fiel. Durch den Zweifel der Familie an den Aussagen der Regierung und der Polizei, sowie den Aussagen der Frauen, die mit Jîna Amînî verhaftet worden sind, wurde klar: Der Tod von Jîna Amînî war Mord. Dieser Femizid, also die Ermordung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, hat eine riesige Protestwelle in Iran ausgelöst. Derzeit verbrennen Frauen ihre Hijabs oder schneiden sich öffentlich ihre Haare ab. Läden sind geschlossen, denn Arbeiter:innen organisieren sich und gehen gemeinsam auf die Straße. 

Bereits 1979 entstanden vermehrt Proteste, die von Frauen gegen das Hijab-Diktat durch Khomeini angeführt worden sind, erhielten aber keine Unterstützung durch politische Mobilmachung. Bis heute protestieren Frauen und queere Menschen gegen die patriarchale Herrschaf in Iran, die ein würdevolles Leben der Betroffenen unmöglich macht. In den letzten Jahren jedoch flammte der Protest gegen die Zwangsverschleierung erneut auf; Die Aktivistin Masih Alinejad etwa rief unter dem Hashtag #MyStealthyFreedom Frauen dazu auf, Fotos von ihrer „heimlichen Freiheit“ ohne Hijab zu teilen. 2018 nahmen Frauen und später auch Transpersonen ihre Kopftücher ab und warteten auf die Festnahme durch die Polizei. Erst kürzlich wurde Sepideh Rashno in Teheran festgenommen. Sie wurde von einer anderen Frau wegen ihrer Kleidung zurechtgewiesen und wurde erst nach 47 Tagen Inhaftierung sowie einem erzwungenen Geständnis auf Kaution wieder freigelassen. Was nun passiert, ist eine neue Geschichtsschreibung in dem islamisch-konservativen Staat. Der Femizid an Jîna Amînî löst derzeit landes- und weltweite Proteste aus und ist historisch auch deswegen so bedeutend, weil sie sich gegen das gesamte unterdrückerische und diktatorische Regime wenden.

Die Kämpfe, die derzeit stattfinden, schließen an die besorgniserregende Lage des Landes sowie die Entmachtung des Mullah-Regimes und die Forderung nach Freiheit für Kurdistan an. Es geht hierbei um konkrete Lebensumstände, die durch Armut und politische Unterdrückung geprägt sind und ein würdevolles Leben unmöglich machen. 

Der Femizid an Jîna Amînî ist nicht zufällig und vereinzelt: Er reiht sich nahtlos in das patriarchale Unterdrückungsystem durch das Mullah-Regimes ein und macht noch einmal deutlich, dass ein solches System strukturelle Gewalt gegen Frauen verursacht und aufrecht erhält. Es sichert die Machtposition der Herrschenden und legitimiert sich über frauen- und queerfeindliche Gesetze, die sich in der Realität in Bedrohung, Gewalt und Mord etwa durch die Sittenpolizei niederschlagen. 

Ein Ende dieser menschenverachtenden Praxis kann nur gelingen, wenn ein systematischer Wechsel vollzogen wird. Wir fordern ein Ende der patriarchalen Herrschaft und die Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse, die männliche Dominanzherrschaft sichern und reproduzieren!

Wir stehen solidarisch hinter all unseren Schwestern, die mutig und unermüdlich entgegen der heftigen Repressionen weiterkämpfen und für eine neue und gerechte Welt für alle ihre Gesundheit und ihr Leben riskieren.