Im folgenden ein Communiqué der am Tag X inhaftierten Genossen, die diesen Text in der JVA Leipzig Leinestraße gemeinsam verfasst haben:
Zusammenstehen!
Gegen die Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands, die Angriffe auf die Versammlungsfreiheit und die Repression gegen linke Politik!
Leipzig, das erste Juniwochenende 2023: Mit einem Großaufgebot von mehreren Tausend Beamt:innen, Hubschraubern, zehn Wasserwerfern und Räumpanzern verhindert die Polizei eine bundesweite Solidaritätsdemonstration mit den am Mittwoch zuvor in Dresden nach §129 verurteilten Antifaschist:innen.
Vorbereitet mit einem allgemeinen Versammlungsverbot und begleitet durch krasse mediale Hetze greifen Hundertschaften und Spezialeinheiten am 3. Juni dann eine Demo gegen das Versammlungsverbot an. Über 1000 Menschen werden in einem Kessel gefangen gehalten, manche ganze 11 Stunden bis 9:00 Uhr in der Frühe des Folgetages.
Bereits Freitagabend hatte die Polizei versucht diese repressive Linie in Leipzig-Connewitz durchzusetzen, war aber zum Teil am Widerstand der Menschen gescheitert.
Warum das alles? Der Staat zeigt in Leipzig nicht ohne Grund seine Zähne. Es sind die „sächsischen Verhältnisse“, aber es ist auch mehr. Genauso wie für all jene, die in Solidarität mit Lina und Ihren Genossen auf die Straße gehen, war der 3. Juni auch für die Behörden und die herrschende Politik ein wichtiges Datum.
Während die Einen – in einem Land in dem es vor Faschisten inner- und außerhalb der Behörden nur so wimmelt – die Notwendigkeit und Legitimität antifaschistischen Selbstschutzes verteidigen wollen, ging es den Anderen darum die Solidarität und die Bezugnahme auf das „Antifa-Ost-Verfahren“ anzugreifen, zu kriminalisieren und zu brechen.
Das was im Dresdner Gerichtssaal begonnen hat, sollte auf der Straße fortgesetzt werden.
Dass dieser Schuss nach hinten losgeht, beweist die große Demo am Montagabend. Gemeinsam gegen die Leipziger Verhältnisse.
Wir waren nicht auf dieser Demo, auch wenn wir es gerne gewesen wären. Wir, das sind die politischen Gefangenen aus der JVA Leipzig nach dem Wochenende. Wir alle sind an diesem ersten Juniwochenende in Leipzig an unterschiedlichen Orten, mit unterschiedlichen Vorwürfen verhaftet und eingeknastet worden.
Wollte man es etwas anders ausdrücken, könnte man sagen, wir sollen das i-Tüpfelchen der polizeilichen Strategie sein. Das harte Durchgreifen. Die Bestätigung der medialen Hetze im Vorfeld.
Wir sind das aber nicht, wir werden das auch nicht sein! Wir sind politische Menschen, solidarisch denkende & handelnde Genossen. Wir kommen aus unterschiedlichen Ecken der Republik und aus unterschiedlichen Spektren der außerparlamentarischen Linken.
Uns eint die Solidarität mit Lina und Co., sowie das Streben nach einem selbstbestimmten Antifaschismus.
Uns eint auch unsere aktuelle Lage als politische Häftlinge der JVA. Deswegen haben wir uns zusammengeschlossen, um uns nach Kräften zu unterstützen und auch hier drinnen Solidarität praktisch werden zu lassen.
Das ist nicht immer einfach. Aktuell werden wir zum Teil voneinander isoliert und auf unterschiedliche Pisten verlegt. Wir arbeiten an der Zusammenlegung, zumindest in kleinen Gruppen. Gemeinsam gegen die Vereinzelung.
Einem Genossen hat die JVA die notwendigen Medikamente gegen seine Epilepsie vorenthalten. Der Haftrichter hat einen wichtigen Arzttermin ignoriert. Die Folge:
Ein Notarzteinsatz bereits am Montagabend in der JVA und der Transport per RTW nach Borna. (Von wegen Haftkrankenhaus Leipzig…) Nur durch Glück weilt der Genosse noch unter uns.
Nichtsdestotrotz geben wir die Hoffnung nicht auf. Auch und gerade wegen der Solidarität von außen. Danke!
Hier drinnen, in all‘ der Tristesse, Vereinzelung & Repression, werden wir für unsere gemeinsame Idee einer besseren, solidarischen Welt einstehen.
Drinnen & draußen – eine gemeinsame Sache. Wir halten den Posten!
Freiheit für alle politischen Gefangenen! Freiheit für alle sozialen Gefangenen! Wir sind im Recht und wir werden siegen!
Leipzig, 07.06.2023, die politischen Gefangenen der JVA Leipzig