Über das Pfingstwochenende waren wir mit einer Gruppe aus dem Rhein-Main-Gebiet in Paris, um gemeinsam dem ermordeten Genossen Clément Méric zu gedenken und uns untereinander zu vernetzen und auszutauschen.
Vor allem antifaschistische Gruppen aus Frankreich, aber auch aus der Schweiz und anderen Teilen Deutschlands folgten der Einladung unserer Genoss:innen von Antifa Paris Banlieue, die sowohl die Demonstration am Sonntag als auch die Diskussionsrunde am Tag davor initiierten. So fanden wir uns am Samstag alle in einem linken Zentrum im Osten der Stadt wieder, um uns über unterschiedlichste Themen auszutauschen. Darunter natürlich Antifaschismus, die strategische Ausrichtung linker Kämpfe in Frankreich, Antiimperialismus aber auch Themen wie Ökologie und aktuelle Repressionen.
Da uns die französischen Genoss:innen dankenswerterweise die Redeinhalte übersetzten, konnten wir den unterschiedlichen Impulsen gut folgen und von neuen Perspektiven profitieren. An diversen Infoständen der einzelnen Gruppen hatten wir die Chance, den Austausch je nach Bedarf zu vertiefen und uns weitere Informationen bezüglich unserer Mitstreiter:innen aus den unterschiedlichen Regionen einzuholen.
Begleitet von wummernden Bässen und ausgelassen tanzenden Menschen hatten wir im Anschluss an die Diskussionsrunde auch noch die Möglichkeit, uns eine Ausstellung solidarischer Fotojournalist:innen anzusehen.
Der damals 18-jährige Clément Méric wurde am fünften Juni 2013 gewaltsam von zwei Faschisten in Paris ermordet. Clément war bei Antifa Paris Banlieue und dem Syndicate Solidaires organisiert. Auch wenn die Mörder – beide Mitglieder des französischen Ableger des Dritten Wegs – vor dem französischen Gericht zu mehreren Jahren Haft verurteilt wurden, ändert sich nichts an der Realität faschistischer Gewalt, der wir alle tagtäglich ausgesetzt sind. So wurde erst vor zwei Monaten Frederico Arambarú von Täter:innen aus dem selben Umfeld ermordet. Dies alles geschah auf einem Nährboden rechter Ideologien, den die wachsende Zustimmung ultra rechter Politiker:innen und tendenziöse Medienberichte im Rahmen der französischen Präsidentschaftswahlen bereiteten.
Um 14 Uhr am Sonntag versammelten wir uns am Place des Fêtes, um gemeinsam Richtung Place de la République zu ziehen und unserem Genossen Clément lautstark zu gedenken. Sprüche wie “Oui, Clément était un Camerade” (“Ja, Clément war ein Genosse”) oder “On pardonne pas on oublie pas” (“Wir vergeben nicht, wir vergessen nicht”) untermauerten die Wut, die wir auf die Straße trugen.
Auch visuell sorgten wir mit kleineren Aktionen, wie bunten Rauch oder Konfetti, für Aufmerksamkeit von außen. Die Zustimmung der Anwohner:innen und Passant:innen konnten wir anhand des Applauses, den Rufen oder Winken aus den Fenstern und vom Wegrand spüren.
Die Redebeiträge bei der Schlusskundgebung gaben ein umfassendes Bild über die unterschiedlichen Perspektiven des antifaschistischen Kampfes und die konkrete Situation in Frankreich. So ging es in den Beiträgen vor allem um die Gefahr der extremen Rechten, Polizeigewalt und Antiimperialismus.
Ultra Rechte finden Rückhalt in der bürgerlichen Gesellschaft und werden durch die rassistischen Gesetze des Präsidenten Emmanuel Macron, wie z.B. das “Loi Sécurité Globale” oder das “Loi Séperatisme”, bestärkt. “Macron hat die Tür für den Faschismus geöffnet”, so sagte es eine der Redner:innen auf der Schlusskundgebung.
Darauf, dass vor allem das “Loi Sécurité Globale” – welches es verbietet, die Polizei zu filmen und den Polizeibeamt:innen mehr Befügnisse erteilt – zur weiteren Machtlosigkeit gegenüber Polizeigewalt führt, verwiesen mehrere Redner:innen. So sei es vor allem wichtig, Kontakt zu den Betroffenen in den Randbezirken der Städte zu halten, denn die Polizeigewalt findet nicht nur auf Demonstrationen, sondern vor allem gegenüber migrantischen Jugendlichen in den Vierteln statt.
Der Antiimperialismus äußerte sich vor allem in der Solidarität mit unterdrückten Völkern weltweit. Ein Unterschied zu Deutschland ist die hohe Präsenz algerischer Gruppen bei antifaschistischen Aktionen, was aus der französisch-algerischen Historie abzuleiten ist. Algerische Selbstbestimmungskämpfe und der linke Antiimperialismus gehen hier nocheinmal sichtbarer Hand in Hand.
Der Tenor aller Redebeiträge war ganz klar: Antifaschismus und Antikapitalismus müssen zusammen gedacht werden, um uns einer gerechteren Welt zu nähern. Nach der Demonstration ließen wir dann noch alle gemeinsam den Tag ausklingen und nutzten nochmal die letzte Gelegenheit, um uns besser kennenzulernen, bevor es für uns dann auch schon wieder zurück nach Deutschland ging.
Weiterhin ist die Zusammenarbeit und der enge Austausch mit den unterschiedlichen französischen Genoss:innen ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit, da die vielen Parallelen der politischen Lage unserer Länder eine konkrete Grundlage dafür darstellen. Das gegenseitige voneinander lernen und diskutieren im internationalen Kontext ist essentiell für die Weiterentwicklung unserer politischen Ideen und Organisierung. So konnten wir mit einigen neuen Perspektiven von dem Wochenende heimkehren und gehen mit diesen an unsere Arbeit im Rhein-Main-Gebiet zurück.