Der Diesel kostet konstant über 2 Euro, das Bratöl gibt’s erst ab 4,99 und sogar der Döner an der Ecke wird immer unerschwinglicher – gleichzeitig sind die Nachrichten voll mit einer Gasumlage zur Rettung von Unternehmensgewinnen, 100 Milliarden Rüstungspaket und Rettungsschirmen für Unternehmen. Lohnerhöhungen bleiben in vielen Branchen oft entweder aus oder weit hinter der aktuellen Inflation zurück. Das, was man sonst nur zweimal jährlich in einer Statistik in der Tagesschau schwarz auf weiß hatte, wird für deutlich mehr Menschen immer spürbarer – der klaffende Widerspruch zwischen Arm und Reich; zwischen denen, die jeden Euro noch mal umdrehen müssen und denen, die in Luxuskarossen und Privatjets ihre Runden drehen.
Auf die sowieso schon lange Liste, weshalb ein Aufstand in Deutschland nötig ist, sind in den letzten Wochen nochmal einige Punkte hinzugekommen. So viele Punkte gar, dass es schon die bürgerliche Presse – die immer wieder versucht mit allen Mitteln die herrschenden Ungerechtigkeiten, bzw. die Ungerechtigkeiten der Herrschenden, zu verteidigen – mit der Angst bekommt. So vergeht kaum ein Tag, an dem nicht auf ihren Online-Plattformen und Titelseiten ein Artikel erscheint, der die deutsche Bevölkerung mahnt, im Winter brav zuhause zu bleiben und zu frieren – und wehe jemand gibt der deutschen Politik die Schuld, denn sowas machen nur Rechte und Putinversteher. So fragte z.B. die FAZ vom 24. August, wie es denn eigentlich mit der Kampfmoral der Deutschen stehe, wenn das Gas im Winter knapp werde. Unverblümt wird gefordert, dass sich Ukrainer:innen wie Deutsche auf keinen Fall auf Verhandlungen einlassen sollten – es solle weitergekämpft werden, was es auch koste. Die Bösen und Schuldigen sitzen in Moskau und die Guten in Berlin. Dank Karl Liebknecht wissen wir aber, dass der Hauptfeind immer noch im eigenen Land steht. Das bedeutet im Umkehrschluss aber natürlich nicht, dass der russische Imperialismus weniger bekämpfenswert sei; Solidarität mit allen, die trotz harter Repression in Russland Rekrutierungszentren anzünden!
Mit einem neoliberalen Porschefreund als Finanzminister, schafft es die sozialdemokratisch geführte Regierung noch nicht einmal die banalsten Weichen zu stellen, um die durch Krieg und angehender Wirtschaftskrise verursachten Lasten auch nur einigermaßen sozialverträglich zu verteilen. Statt Übergewinnsteuer gibt es Gasumlage, statt Investitionspaket und 9-Euro-Jahresticket, gibt es sinnfreie Subventionierung von Elektro-SUVs, statt einer dringend benötigten Reformierung des Bildungs- und Gesundheitssystems, gibt es lieber 100 Milliarden für die Bundeswehr usw. usf.
Auch das mittlerweile dritte Entlastungspaket bleibt an vielen Stellen einfach nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. 200 Euro für Student:innen, ein bisschen mehr Home-Office-Pauschale, ein vergeigtes bundesweites Nahverkehrsticket – all das wird nicht verhindern, dass entscheidende Teile unserer Klasse in diesem Winter vor existenziellen Nöten stehen werden.
Abgerundet wird die aktuelle Misere noch durch eine Grüne Partei auf Höhenflug, die am liebsten sofort wieder selbst in den Krieg ziehen würde – ruckzuck wird der Fahrrad- mit dem Stahlhelm getauscht. Markus Söder übte vergangenen Mai in einem seltenen hellen Moment treffende Kritik an Anton Hofreiter, die man mehr oder weniger stellvertretend für alle Grünen nehmen kann: „Das Einzige, was ihn noch unterscheidet von einem echten Militaristen, ist vielleicht der Haarschnitt“. Dabei ist es kein Wunder, dass der aktuelle Kurs – vor allem was die Frage der Aufrüstung angeht – von einer Regierung unter Beteiligung der SPD und Grünen stattfindet. CDU und FDP hätten dies nicht in der Form durchsetzen können und können sich bei diesen Fragen aber auch historisch (siehe die rot-grüne Regierung um die Jahrtausendwende) auf die Parteien der „linken Mitte“ verlassen.
Gründe gibt es also genug, diesen Herbst zu nutzen, um gegen die Politik der herrschenden Klasse auf die Straße zu gehen! Dazu haben wir einige grundlegende Überlegungen, die wir gerne zur Diskussion stellen wollen.