Am Samstag, dem 06.05.2023, veranstalteten der Bund Sozialistischer Frauen (SKB) und ZORA gemeinsam in Frankfurt am Main ein ganztägiges Symposium unter dem Titel „Frauenrevolution bedeutet Freiheit und Leben!“. Vertreten waren Frauen aus den Philippinen (IWA International Women’s Alliance), dem Iran (Kommunistische Partei Komala Marzia Nazari), der Türkei (Sosyalist Kadin), Kurdistan (Kurdische Frauenbewegung), Afghanistan (RAWA Revolutionary Association of the Women of Afghanistan), Polen und Argentinien (PCR Revolutionäre Kommunistische Partei), außerdem eine Delegierte des Sozialistischen Frauenverbands Europa (SKB).
Der erste Diskussionsblock „Frauenrevolution für die Freiheit“ begann mit einem Beitrag einer Rednerin der Kommunistischen Partei Iran, welche seit ihrer Gründung 1969 gegen Kolonialismus, Faschismus und Imperialismus kämpft. Sie sprach hauptsächlich über die aktuelle Situation im Land und über die Auswirkungen der Massenproteste der letzten Monate in Bezug auf den Mord an Zhina Amini und die faschistische Mullah-Diktatur, aber auch über vergangene Kämpfe gegen den Schah. Der Redebeitrag von Sosyalist Kadin startete sehr theoretisch, indem sie von Basis und Überbau sprach und verdeutlichte, dass Reformen wie Gesetzgebungen zu Lohngerechtigkeit und Schwangerschaftsabbrüchen zwar wichtig in unserem vorherrschenden System seien, es aber die sozialistische Revolution brauche, um tatsächliche Veränderung hervorzubringen. Die doppelte Ausbeutung der Frau bedeute die Notwendigkeit einer doppelten Revolution. Demnach muss die Frauenrevolution zeitgleich zu der sozialen Revolution stattfinden. Im antikapitalistischen und antipatriarchalen Kampf bedeute dies, dass dabei auch mit Männern derselben Klasse gegen den Kapitalismus gekämpft werden müsse, zeitgleich dürften mit ihnen allerdings keinerlei Kompromisse bei der Geschlechterdiskriminierung gemacht werden.
Die Delegierte der IWA erzählte vom Frauenkampf in den Philippinen, welcher nun seit mehreren Dekaden anhält. Die Unterdrückung der Frau habe historisch besonders nach der Kolonialisierung der Spanier zugenommen und hält bis heute an, so sind die Phillipinen eines von zwei Ländern weltweit, welche kein Scheidungsgesetz haben. Sie betonte, dass der Kampf eigenständig, integral und klassenbasiert sei und verwies darauf, dass sie Frauen nicht als Klasse, sondern als sozialen Sektor versteht und verdeutlichte dies in der Fragerunde, indem sie von der Klasse der Bauern, den Arbeitern und der Bourgeoisie erzählte.
Als letzte Rednerin der ersten Diskussionsrunde sprach eine Frau von der kurdischen Frauenbewegung. Sie kritisierte die Romantisierung des Kampfes mit Waffen – besonders in Rojava – stark und verdeutlichte in diesem Zusammenhang, dass der Kampf in Kurdistan älter als der gegen den IS sei und der militärische und bewaffnete Kampf nur ein kleiner Teil im Gegensatz zum gesellschaftlichen Kampf gegen das System im Land sei. Revolutionär erkämpft worden seien zum Beispiel eine eigene Presse, politische Strukturen und Kommunen, ökonomische Bereiche, freie Räume für Frauen und Queers und Möglichkeiten sich selbst zu bilden und zu organisieren. Sowohl sie als auch die Sprecherin des Irans verdeutlichten nochmals, die Wichtigkeit sich nicht in den Frauenkämpfen in sich, als auch in Verbindung zu LGBTI* Kämpfen, spalten zu lassen, da es letztendlich nur das Patriarchat stütze.
Der zweite Teil „Die Subjektwerdung der Frau: Errungenschaften, Revolten, Revolutionen und Aufgaben“ startete mit einer Kämpferin aus Polen, welche kurz auf das Thema Prostitution und den damit verbundenen Menschenhandel von Osteuropa nach Deutschland einging. Danach thematisierte sie die Massenproteste im Zusammenhang mit dem 2021 in Kraft getretenen Abtreibungsverbot. Da die Proteste zum Großteil keine sozialistische Perspektive aufzeigten, flachten sie ebenso schnell wie sie aufkamen wieder ab und viele Frauen verließen die Bewegung danach wieder.
Im Anschluss wurden von der Sprecherin des Sozialistischen Frauenverbands Europa verschiedene feministische Bewegungen wie Jin Jiyan Azadi im Iran, Ni una menos in Argentinien, women marches in den USA, #metoo sowie die um die Wahl von Bolsonaro in Brasilien und die im letzten Jahrzehnt weltweit aufkommenden Massenmobilisierungen am 8. März oder 25. November aufgezeigt. Damit verdeutlichte sie, wie Frauenkämpfe wieder in das kollektive Gedächtnis gerufen wurden, wie sie während der letzten drei Jahre der Pandemie gezwungenermaßen abgeflacht sind und wie wichtig es ist, in einer Zeit, in der wir uns näher denn je am Sozialismus befinden, diese wieder aufzunehmen und nun einen Bruch mit dem Kapitalismus und der Umsetzung von vorhandener Theorie in die Praxis zu wagen.
Die Vertreterin der Revolutionären Kommunistischen Partei in Argentinien, welche auch Teil der Nationalen Frauentreffen ist, die seit 1986 stattfinden, berichtete über den von ihnen entworfenen Gesetzesentwurf zum Schwangerschaftsabbruch. Nachdem sie diesen 2018 zum siebten Mal einreichten, wurde er endlich debattiert, woraufhin Mahnwachen veranstaltet wurden und Rechte versuchten das Gesetz zu diskreditieren. 2020 zahlte sich der jahrelange Kampf jedoch aus und Abtreibungen wurden legalisiert. Auch die ‚Ni una menos‘- Bewegung, die Gewalt an Frauen und Femizide sichtbar macht, fand ihre Anfänge 2015 aufgrund des Femizides an einer schwangeren 14-Jährigen und der Vergewaltigung und Tötung einer weiteren Frau im Jahr 2016. Seither werden immer wieder Gesetzesentwürfe zur Gewaltprävention an Frauen und für medizinische und Wohnraum-Hilfe erarbeitet und eingereicht. Des Weiteren haben sie in zwei Fabriken im Land eine Kinderbetreuung einrichten können, führen Bildungskämpfe, haben zahlreiche Gesetze zu Ehe, geschlechtlicher Identität und anderen Themen durchgebracht und veranstalten Workshops sowie die feministischen Kampftage.
Zuletzt gab es noch einen Redebeitrag aus Afghanistan von der RAWA Revolutionary Association of the Women of Afghanistan und vor allem über die derzeitige Situation des Landes und der revolutionären Frauenbewegung.
Im Anschluss zu den Hauptrednerinnen gab es kurze Redebeiträge von verschiedenen anwesenden revolutionären Frauenorganisationen wie beispielsweise der PiA (Internationale Arbeiterinnen Assoziation) aus Frankreich, Rote Linie (Kurdische Frauenbewegung), Kommunistische Frauen aus Frankfurt am Main und anderen. Die gesamte Veranstaltung wurde zwischendurch immer wieder mit kämpferischen Parolen untermauert.
Es war ein beeindruckender und wichtiger Tag für die revolutionäre Frauenbewegung.
„Das 21. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Frau“ dieser Satz fiel am Tag des Symposiums mehrfach. Frauen leiden besonders unter dem Patriarchat, dem Kapitalismus und dem Imperialismus. Doch es gibt keinen Stillstand; seit einigen Jahrzehnten sehen wir unsere Schwestern weltweit kämpfen, in allen möglichen Lebensbereichen. Errungenschaften wie Bildungszentren, Workshops, Kitas in Fabriken, freie Räume und Gesetze zu Themen wie Gewalt und Schwangerschaftsabbrüchen sind nur Resultate dessen. Die doppelte und teils dreifache Unterdrückung und Belastung der Frau soll ihr Ende finden. Dennoch, die reformistischen Kämpfe, die wir teilweise führen müssen, sind nur ein Schritt in Richtung unseres Ziels, aber niemals das Ziel selbst. Alle Vertreterinnen des Symposiums sind sich einig: Es braucht eine Revolution hin zum Sozialismus/Kommunismus, um unsere Ketten zu sprengen!