Frankfurt: Besetzung der Parteizentrale der Grünen in Frankfurt

Während der Westen derzeit all seine Anstrengungen gegen Russland richtet, bereitet sich der türkische Staat darauf vor, mit seinen verbündeten IS-Milizen und der islamistischen „Nationalen Armee Syriens“ eine weitere völkerrechtswidrige Invasion gegen die Autonome Administration Westkurdistan sowie den Nordirak zu starten. 

Vor diesem Hintergrund besetzen seit dem frühen Morgen des 06.07.2022 Aktivist:innen der „Initiative: Defend Kurdistan“ das Frankfurter Parteigebäude der Grünen und das Parteibüro des Parteivorsitzenden Omid Nouripour. Ironischerweise positionierte sich die Partei die Grüne vor ihrer Regierungsbeteiligung noch gegen völkerrechtswidrige Besetzungen und Kriege des türkischen Staates und seiner Verbündeten, wovon nun nichts mehr zu hören ist. 2019 warnte der damalige außenpolitische Sprecher und heutige Parteivorsitzende Omid Nouripour noch vor den türkischen Angriffskriegen: „Erdogans Krieg ist nicht nur humanitär und völkerrechtlich verheerend. Er wird nicht nur neue Fluchtbewegungen initiieren und die NATO an den Rand einer Identitätskrise führen. Erdogan spielt auch mutwillig mit unser aller Sicherheit. Und das jahrelange ohrenbetäubende Schweigen der Bundesregierung seinen zahlreichen Grenzübertritten gegenüber rächt sich nun. Die leisetretende Türkei-Politik der GroKo ist gescheitert. Mit verheerenden Konsequenzen.“

Nun in der Regierungsbeteiligung angekommen, hört man nichts mehr von der ursprünglichen Kritik. Annalena Baerbock bedankte sich im März via Twitter beim Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu für die deutsch-türkische Partnerschaft und stellte fest, dass man in der Russland-Krise nun zusammenstehe. Die Freundschaft reicht nun schon soweit, dass die Massenerschießungen und Massenvergewaltigungen nach der Eroberung Afrins, die völkerrechtswidrige Besetzung Westkurdistans, der völkerrechtswidrige Angriff auf Shengal, Giftgaseinsätze, die schleichende Ausschaltung der türkischen Opposition usw. vergessen werden. In Shengal erlebten seit 2014 Jezid:innen durch den IS einen Genozid. Der IS, der nun Seite an Seite mit dem türkischen Staat die demokratische Selbstverwaltung in Westkurdistan angreifen wird.

Dass es sich bei diesen Entwicklungen nicht um eine Neuheit handelt, zeigt Nouripours Bewusstsein von der „gescheiterten Türkei-Politik der Groko“. Doch offenbar leidet Nouripour an einer akuten Amnesie. Denn die deutsch-türkische Zusammenarbeit gegen jegliche Minderheiten reicht bis in die Zeiten des Osmanischen Reiches, in dessen Tradition sich das AKP-MHP-Regime zu stellen versucht, zurück. Auch nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches arbeiteten die kemalistische Türkei und das nationalsozialistische Deutschland zusammen, indem das NS-Regime Giftgas für das Dersim-Massaker lieferte. Wie die UNO heute, ignorierte der Völkerbund die Hilferufe der Kurd:innen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Türkei dann auch einer der ersten Beitrittsstaaten der NATO. 

Nouripours Anklage gegen die türkische Politik im Jahr 2019 offenbart sich nun als nichts weniger als opportunistische, parteipolitische Propaganda. Dass diese imperialistische Tradition weder vor Regierungswechsel, noch vor dem Wechsel der Staatsform Halt macht liegt auf der Hand. Der Westen erkennt nichts außer sein eigenes Recht auf das Leben an.