Bei strahlendem Sonnenschein versammelten sich heute in Mainz über 400 Menschen, um lautstark für ihr Recht auf ein selbstbestimmtes und gewaltfreies Leben einzutreten. Unter dem Namen „Anna Seghers“ – einer Mainzer Kommunistin und Schriftstellerin – machten die Demonstrierenden deutlich, dass ihr Kampf für Gerechtigkeit aktueller denn je ist. Während der Zwischenkundgebung wurde symbolisch die Hindenburgstraße in Anna-Seghers-Straße umbenannt. Zudem gab es unter anderem kämpferische Reden zu Gewalt, Krieg und Frieden sowie den Bundestagswahlergebnissen. Die Demonstration zeigte: Der historische Kampf um Gleichberechtigung ist noch lange nicht vorbei!
Lasst uns die Demo als Anlass für ein kämpferisches Jahr und ein Jahr des Organisierens nehmen!
Wir veröffentlichen hier den Text der gemeinsamen Rede von Lila Mainz und Rotes Mainz:
Es gibt kaum noch Unternehmen, die nicht mit ihrem Engagement für Frauen und queere Menschen werben. Heute werden Blumen verteilt und Kolleginnen wird zum „Frauentag“ gratuliert. Viele Unternehmen setzen in den Pride-Monaten ihre Logos in Regenbogenfarben, laufen auf dem CSD mit oder hissen symbolisch die Regenbogenflagge, um sich als Unterstzützer der Queeren Community zu präsentieren.
Wenn ein Unternehmen in seinen Werbekampagnen für Frauen und Queere Rechte wirbt, aber in denjenigen Ländern, in denen es produziert oder verkauft, aktiv dazu beiträgt, diese Rechte zu unterdrücken oder nicht zu respektieren, dann ist das keine echte Unterstützung, sondern eine Marketingstrategie. Es ist das gleiche Prinzip wie bei Unternehmen, die behaupten, umweltfreundlich zu sein, aber in Wirklichkeit die Umwelt massiv schädigen.
Dabei es ging es diesen Unternehmen nie um echten guten Willen oder eine nachhaltige Unterstützung fortschrittlicher Bewegungen. Unternehmen, die sich im Rahmen des Kapitalismus für die Rechte von Frauen oder Queeren Personen aussprechen, tun dies in der Regel nicht aus einem tiefen Wunsch nach Veränderung, sondern weil es ein Marktbedürfnis gibt – einen Trend, dem sie folgen können, um ihre Profite zu maximieren.
Anders formuliert: Diese Unternehmen nutzen das Leid und die Unterdrückung von Frauen und queeren Menschen aus, um ihren eigenen Profit zu steigern.
Auf die gleiche Weise werden uns auch politische Entscheidungen verkauft.
Einige Beispiele hier für sind:
- Der Genozid in Gaza, der angeblich notwendig für den Schutz von queeren Kämpfen sei.
- Oder dass Außenministerin Baerbock von einer feministischen Außenpolitik spricht . Sie erinnert an die ermordete Iranerin Jina Mahsa Amini und beruft sich auf den kurdischen Ausruf „Jin Jiyan Azadî – Frauen Leben Freiheit“. Gleichzeitig werden weiterhin deutsche Waffen in die Türkei geliefert, wo damit Angriffe auf kurdische Gebiete stattfinden.
Dass solches Verhalten nicht gut ankommt, haben Unternehmen und vor allem Marketing Agenturen mittlerweile auch erkannt. Man findet viele Websites auf denen genau erklärt wird, was als Pinkwashing aufgefasst wird und deshalb lieber nicht von Unternehmen gemacht werden sollte, natürlich immer mit der Möglichkeit, eine Beratung zu buchen.
Auf aktivistischen Seiten findet man dann noch oft Beispiele von „guten“ Unternehmen, die sich angeblich ernsthaft für Diversity im Unternehmen einsetzen, etwa durch interne und externe Kommunikation von LGBTIQ-Themen, Schulungen und Sensibilisierungen von Angestellten und die angemessene Umsetzung eines Diskriminierungsschutzes.
Doch für uns gibt es keine guten Unternehmen, an deren Seite wir kämpfen können. Sie werden immer die Logik der Profitmaximierung über die Rechte von Menschen stellen. Der Einsatz für Frauenrechte und die Einrichtung von Diversity Strukturen ist nur möglich, solange sich ein Unternehmen weiterhin gegen die Konkurrenz durchsetzen kann. Selbst wenn sie sich für soziale Gerechtigkeit aussprechen, bleiben Unternehmen letztlich Teil eines Systems, das auf der Unterdrückung von Arbeiter*innen, und insbesonderen Frauen, Queers und anderen marginalisierten Gruppen basiert. In einem solchen System können Unternehmen nicht wirklich „gute“ Akteure sein.
Berufen wir uns also auf die Ursprünge des 8. März:
Am 19. März 1911 gingen zum ersten Mal Millionen von Frauen in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA auf die Strasse. Ihre zentrale Forderungen waren: für ein Frauen-Wahl- und Stimmrecht; gegen den imperialistischen Krieg; für Arbeitsschutzgesetze; für den 8 Stundentag; Minimallöhne, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und ausreichenden Mutter- und Kinderschutz. Der Streik von 90.000 Textilarbeiterinnen in St. Petersburg vom 8. März 1917, die durch ihren entschlossenen Kampf die großen Demonstrationen im Vorfeld der russischen Februarrevolution 1917 auslösten, war ein weiterer Ausgangspunkt zur Festlegung des 8. Märzes als internationaler Frauenkampftag. So bekam der 8. März seine Bedeutung als internationaler Kampftag für die Interessen aller ausgebeuteten und unterdrückten Frauen weltweit. Gleichberechtigung von lesbischer Liebe, gegen den Schönheitswahn, für eine gleichberechtigte Verteilung von Haus- und Erwerbsarbeit, Solidarität mit den Frauenkämpfen weltweit.
Thyssenkrupp, eine Firma die Kriegsschiffe und U-Boote herstellt, mag auf dem CSD mitlaufen. Aber sie werden sich nicht gegen Kriege stellen, an denen sie selbst profitieren und unter denen Frauen, Mädchen und Queers besonderes leiden.
Das Frauenwahlrecht findet Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger bestimmt ganz nett, trotzdem fordert er, dass wir in Zukunft wieder mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten sollen.
Auch hat sich noch kein Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen, für einen höheren Mindestlohn oder eine Erweiterung des Streikrechts eingesetzt.
Auch die Bundeswehr gibt sich gerne modern und feministisch – mit Rekrutierungskampagnen in Pink, Frauen in Uniform auf Plakaten und Slogans wie „Gleichberechtigt dienen“. Doch Gleichberechtigung bedeutet nicht, Frauen für Kriege zu rekrutieren, sondern Gewalt zu verhindern. Während feministische Kämpfe weltweit für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Schutz vor Gewalt stehen, trägt die Bundeswehr mit Auslandseinsätzen zur Militarisierung und Destabilisierung bei. Zudem bleibt die Truppe ein Raum voller Sexismus, Belästigung und Machtmissbrauch.
Feminismus heißt nicht, Frauen gleichberechtigt in patriarchale Gewaltstrukturen einzugliedern – Feminismus heißt, diese Strukturen abzuschaffen!
Deswegen ist unser feministischer Kampf unvereinbar mit dem vermeintlichen Aktivismus von Unternehmen und Politik. Und deswegen stehen wir auch alle gemeinsam, wie Anna Seghers, heute hier, nehmen uns die Straße und kämpfen gegen Patriarchat, Krieg, Faschismus und Kapital!
Ich war, ich bin, ich werde sein – die Revolution wird die Menschheit befreien!