Als Revolutionärer Aufbau Rhein-Main haben wir es uns einst zum Ziel gemacht, eine schlagkräftige Gegenmacht im Rhein-Main Gebiet aufzubauen und können dabei auf einige Errungenschaften, aber auch Herausforderungen und Rückschläge zurückblicken. Gleichzeitig spitzen sich die politischen Verhältnisse weiter zu, sowohl in Deutschland als auch international. Im Zuge des Wahlkampfs für die anstehende Bundestagswahl ist die Zusammensetzung des zukünftigen Parlaments Dreh- und Angelpunkt politischer Auseinandersetzung sowie der Hoffnung auf bessere Lebensumstände. Bürgerliche Parteien, mal mehr mal weniger interessiert an unserem Wohlergehen, sind allerdings nicht in der Lage, selbst wenn sie wollten, Antworten auf die Krisen unserer Zeit zu formulieren, ob Krieg, Armut, Gewalt oder Vereinzelung. Eine echte Perspektive kann es nur außerhalb dieses Systems geben, weshalb es umso wichtiger ist, den Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse weiterzuführen. Es liegt noch eine Menge Arbeit vor uns, aber gemeinsam werden wir den Aufbau einer realen Gegenmacht dieses Jahr weiter voranbringen.
Rückblick
Viele deutsche Städte erleben seit einigen Jahren ein neues Aufkommen kommunistischer Organisierung, lange Zeit, nachdem die revolutionäre Bewegung in Deutschland weitgehend zerschlagen wurde. Die Bewegung wurde weit zurückgeworfen, ihre Grundlage besteht weiterhin: die kapitalistische Gesellschaft, in der Profit statt Bedürfnisse im Fokus stehen. Die Notwendigkeit, sich gegen dieses im Kern menschenverachtende System zu organisieren, haben auch junge Menschen im Rhein-Main Gebiet treffend erkannt. Aurora Frankfurt, Rotes Mainz und damals noch Revolutionäre Einheit Darmstadt sind als kommunistische Gruppen entstanden, geleitet durch Alternativlosigkeit und die Perspektive auf ein besseres Leben für die große Mehrheit. Als unerfahrene, lokal begrenzte Kleingruppen waren wir in der Lage, innerhalb kürzester Zeit starke Aktionen auf die Beine zu stellen. Die Perspektive, nach der sich viele Menschen sehnen, bekam eine neue, selbstbewusste Gestalt und schnell waren wir aus unserer jeweiligen städtischen politischen Landschaft nicht mehr wegzudenken, ob es der 1. Mai in Frankfurt oder der 8. März in Mainz ist.
Über Bündnisse, städteübergreifende Aktivitäten und Vernetzung sind wir als Gruppen in den Austausch gekommen. Schnell war klar, dass wir als Kleingruppen wohl kaum die Revolution erreichen werden, sondern uns vielmehr als Teile einer gemeinsamen Bewegung verstehen, der jede Öffentlichkeit in der Vergangenheit geraubt wurde. Wir gründeten daher Gegenmacht.info als eine Plattform, die die revolutionären Kapazitäten unserer Region bündeln sollte. Unsere Zusammenarbeit bekam so ein Upgrade inklusive engerem Austausch und der Möglichkeit, unsere Inhalte einer größeren Menschenmenge zugänglich zu machen. Wir blicken zurück auf Großaktionen, diverse Bildungsveranstaltungen und zahlreiche neue Erkenntnisse. Je weiter sich die Zusammenarbeit entwickelte, desto mehr wurde der Traum einer Gegenmacht eine greifbare Zukunftsvision.
Aufbauend auf gesammelten Erfahrungen war der nächste Schritt die Gründung einer gemeinsamen Dachorganisation: dem Revolutionären Aufbau Rhein-Main. Im Aufbauprozess war es wichtig, sich auf eine gemeinsame inhaltliche Linie verständigen zu können. Nach intensiven Auseinandersetzungen konnten wir unsere politische Plattform (https://www.gegenmacht.info/politische-plattform/) verfassen und auch veröffentlichen. Als Grundlage unserer Arbeit bildet die Plattform die entscheidende Leitlinie, die im Zuge unserer weiteren Arbeit fortlaufend weiterentwickelt werden soll. Diese Leitlinie umfasst die geteilten Analysen zur Entwicklung und zum Zustand der Verhältnisse, denen wir ausgesetzt sind, und denen wir gemeinsam entschieden den Kampf ansagen. Die Zusammenarbeit im Aufbau bietet die Möglichkeit einer zielgerichteten politischen Praxis, die über die Grenzen unserer Städte hinausgeht und uns enger an die Bewegung anbindet. Dieser große Schritt war so notwendig wie auch lehrreich.
Der Kampf geht weiter
Die Gründung des Revolutionären Aufbau Rhein-Main werten wir als zentrale Errungenschaft unserer vergangenen politischen Arbeit. Ein solcher Aufbau ist natürlich auch eine Herausforderung und benötigt dabei viele Kapazitäten aller Genossinnen. Zeitweise wurde es in der politischen Öffentlichkeit etwas still um uns, da wir uns intensiv mit dem Aufbauprozess und diversen internen Prozessen auseinandergesetzt haben. Stille heißt also nicht Stillstand! Im Gegenteil: Die Arbeit nach Innen war und ist nach wie vor wichtiger Bestandteil im Aufbau einer nachhaltig und kontinuierlich arbeitsfähigen Organisation. Dabei mussten wir uns auch mit Täterprozessen auseinandersetzen, die notwendigerweise priorisiert wurden, damit unsere Organisation auch in Zukunft ein sicherer Ort für Genossinnen sein kann und letztlich ihrem feministischen Anspruch genügt. Auch die Auflösung der Revolutionären Einheit Darmstadt (RED), sowie der Weg zu dieser Entscheidung stellten einen herben Rückschlag dar, der unsere Arbeit nach Außen zeitweise gelähmt hat. Nichtsdestotrotz konnten wir uns auch in schweren Zeiten kollektiv weiterentwickeln.
Wir sehen anhand des alltäglichen Weltgeschehens, dass es zahlreiche politische Felder gibt und in allen davon Handlungsbedarf besteht. Der Kapitalismus ist per se zerstörerisch und lässt dabei kaum eine Lebensrealität außen vor. Gleichzeitig ist es vor dem Hintergrund der Schwäche revolutionärer Kräfte schlicht unmöglich, allen Themen und Krisen gerecht zu werden. Das führt immer wieder zu Überforderung und dem Gefühl gar nicht genug tun zu können. Resignation mag vielleicht eine nachvollziehbare emotionale Reaktion auf diese Realität sein, ist allerdings keine Option im Umgang mit dem System! Stattdessen braucht es eine Priorisierung der verschiedenen Arbeitsfelder und insbesondere eines: eine stabile Organisation mit einer klaren Strategie. Im politischen Tagesgeschäft geraten strategische Überlegungen schnell aus dem Fokus. Unsere Überzeugung steht fest, aber was folgt daraus konkret für die Praxis? Um den Blick darauf hinsichtlich unserer Ziele zu schärfen und somit die Perspektive unserer zukünftigen Arbeit zu konkretisieren, sind einige Genoss*innen des Revolutionären Aufbaus Rhein-Main Anfang des Jahres zusammengekommen und haben weiter an unserer Vision und der nötigen Strategie gefeilt. Also keine Sorge: Wir sind noch da und arbeiten weiter am Aufbau der revolutionären Gegenmacht!
Den Kampf gewinnen wir nicht morgen, aber unsere Taten von heute entscheiden darüber, ob wir es übermorgen können.
Debatte
Wir möchten einen Einblick in die Themen geben, mit denen wir uns auseinandergesetzt haben.
Wir blicken in unserer politischen Zusammenarbeit auf eine mehrjährige Geschichte, in der wir zahlreiche Entwicklungen durchlebt haben. Um das aufzufangen, war zunächst eine Bestandsaufnahme notwendig: Was sind unsere Stärken? Und welche Chancen ergeben sich daraus? Die vielen wertvollen Erfahrungen gilt es weiterzuvermitteln, vor allem, da es viele verschiedene Erfahrungsstände durch die heterogene Zusammensetzung unserer Struktur gibt. Dazu zählt theoretisches Wissen, kommunikatives Geschick, aber auch Skills, wie zum Beispiel die Organisation von Veranstaltungen und Aktionen. Letztere haben schon viel Aufmerksamkeit um unsere Struktur generieren können, beispielsweise der 1. Mai in Frankfurt, welcher sowohl bundesweit als auch international Wellen geschlagen hat. Erfolgreiche Großevents bringen allerdings noch lange keine Befreiung aus diesem System mit sich. Deshalb geht es auch immer darum mit entsprechender Aufmerksamkeit Begeisterung für unser Anliegen zu entfachen, um langfristig mehr Menschen zu organisieren.
Organisiert sein heißt den Kopf nicht in den Sand zu stecken, nicht darauf zu warten aus diesen Verhältnissen befreit zu werden, auf ein Wohlwollen der bürgerlichen Politik. Organisiert sein heißt, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, nicht allein, sondern als Kollektiv all derer, die nicht länger bereit sind, Ausbeutung und Unterdrückung hinzunehmen. Es handelt sich um ein Kollektiv aus Kampfgefährtinnen, Genossinnen. Genoss*innenschaftlichkeit bedeutet vor allem Solidarität (auch in Form einer konstruktiven Kritikkultur), Zusammenhalt, Vertrauen, Verbundenheit, ein kollektives Miteinander, aber auch Verantwortung füreinander, sowie neue Perspektiven auf das eigene Handeln: Wir ergänzen uns gegenseitig und lernen voneinander. All das tun wir auf Grundlage unserer geteilten Haltung gegen dieses menschenverachtende System.
Zu tun gibt es genug, und jedes noch unzureichend bespielte Feld ist als Chance zu verstehen: Ob es die konkrete Zuspitzung von Klassenkonflikten ist, fehlende Repräsentation von Arbeitskämpfen, eine gewisse Desillusionierung der Klimabewegung oder die Hoffnung auf offene(re) Ohren gegenüber revolutionären Ideen in der Gesellschaft hinsichtlich des Rechtsrucks (wobei der Begriff des Rechtsrucks mittlerweile schon eher einer Untertreibung gleicht). Keine dieser Lücken lässt sich schließen, wenn es keine ernsthafte Beschäftigung mit dem Kommunismus im 21. Jahrhundert gibt. Vor dem Hintergrund von jahrzehntelangem Antikommunismus ist es eine Herausforderung das zu verändern, aber erst wenn wir es schaffen den Kommunismus wieder besprechbar zu machen, gibt es eine Perspektive auf tatsächliche Veränderung. Dabei sitzen wir im Rhein-Main-Gebiet an der Quelle der Potenziale: Hier leben, arbeiten und studieren Millionen von Menschen und es ist unsere Aufgabe sie zu erreichen. Es gilt also, auch dort das revolutionäre Bewusstsein zu stärken! An Ideen dazu mangelt es in jedem Fall nicht.
Stärken und Chancen allein nützen natürlich nicht viel, wenn man diese nicht geschickt einsetzen kann. Um Schlagkräftigkeit zu erlangen, ist eine Strategie daher unerlässlich. Da stellt sich wiederum die Frage: Was bedeutet Strategie und was ist strategisches Handeln? Eine Strategie dient vor allem dazu, ein Gleichgewicht zwischen seinen Zielen und den zur Verfügung stehenden Ressourcen zu halten. Sowohl die Ziele als auch die Ressourcen müssen vor dem Bilden der Strategie bestimmt werden, sodass diese darauf aufbaut und folglich als Grundlage des Handelns dient. Das alles passiert natürlich nicht abseits der aktuellen politischen Verhältnisse. Eine Diskursverschiebung nach rechts und immer mehr Möglichkeiten staatlicher Repression tragen nicht zu einer besseren Ausgangsituation bei, machen allerdings umso deutlicher, dass jeder progressive Weg aus diesem System rausführen muss. Diesen Weg wollen und werden wir gehen!
Ausblick
Wir gehen mit einem gestärkten Selbstbewusstsein und einem geschärften Blick auf unsere Perspektive ins Jahr 2025. Zentral ist dabei die Zielsetzung mit diversen Angeboten und Beteiligungsmöglichkeiten präsent zu sein. Wir wollen und können die jetzigen Verhältnisse nicht länger auf uns sitzen lassen! Um all unsere Ziele umsetzen zu können, benötigen wir natürlich noch viel mehr Leute, die mitarbeiten! Es ist angesichts der weltpolitischen Lage wichtiger denn je, für den Sturz der aktuellen Verhältnisse zu kämpfen. Die Ketten des Kapitalismus lassen uns Tag für Tag für den Chef buckeln und geben uns kaum Freiräume, sie sind strukturell rassistisch, antifeministisch und zerstören den Planeten, sodass wir bald nicht mal mehr einen Lebensraum haben. Unsere einzige, alternativlose Antwort zum Sprengen dieser Ketten kann nur revolutionäre Politik sein.
Also seid gespannt, kommt zu unseren offenen Treffen, unseren Veranstaltungen und zu unseren Demos, denn die Verhältnisse gehen uns alle was an! Werdet Teil der Gegenmacht!